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Volatilität ist nicht gleich Risiko

Es scheint sich eingebürgert zu haben, ob aus Bequemlichkeit oder aus einem falschen Glauben an die „Moderne Portfolio-Theorie“, dass alle ständig Schwankungen mit Risiko gleichsetzen. Diese falsche Darstellung hat Folgen. Es kommuniziert, dass Kapitalmärkte riskant, da volatil, sind und das stimmt so nicht.


Was bedeutet Risiko überhaupt? Wie viel riskanter sind Aktien im Vergleich zu Festgeld-Anlagen?

Ersteinmal ist es wichtig darüber nachzudenken, was Risiko ist. Viele behaupten, dass Volatilität eine Kennzahl ist, mit der man das Risiko vergleichbar macht. Also die Schwankungen vergleicht. Ich sehe das überhaupt nicht so. Ich kann nicht nachvollziehen, warum es aus Risikoaspekten relevanter ist wie sehr ein Anlage-Instrument schwankt. Die meisten Menschen würden bei einer Befragung bei der richtigen Fragestellung wie folgt reagieren:

Was ist riskanter? Wenn dein Aktiendepot jeden Tag mal 5% mehr und dann wieder 4,99% weniger wert wäre als das was du angelegt hat? Oder wenn dein Aktiendepot jeden Tag um 1% steigt, mit einer Chance von 0,5% jedoch um 90% fallen könnte?

Ist ja logisch, dass nicht die Schwankung als riskant angesehen wird, sondern das Verlustrisiko. Man kann viele Fragen auf unterschiedliche Weise stellen. Aus ganz unterschiedlichen Motiven legt man dem Beantworter so die Antwort in den Mund. Man primed sein Gegenüber schon durch die Frage selbst.

Was ist riskanter? Wenn du eine Anlage tätigst, in der du 10% gewinnen kannst und 10% verlieren kannst oder eine Anlage in der du 20% gewinnen kannst und 20% verlieren kannst?

Das halte ich schon für eine sehr schwer zu beantwortende Frage, obwohl hierbei ja die doppelte Volatilität angenommen wird. Die Frage wird so aber nie gestellt.

Ein alter Hut ist dann zum Abschluss: Eine Aktie, die jeden Tag um 10% schwankt, ist auch nicht riskanter als eine Aktie, die jeden Tag um 1% fällt. Also, Risiko ist nicht gleich Volatilität. Aus diesem Grund solltest du nichts erwerben, dass sich ausschließlich durch eine verringerte Volatilität auszeichnet.

Der Banker

Beim Erstgespräch eines Anlegers mit der Bank wird nach der Risikofreudigkeit gefragt. Es geht hierbei ausschließlich um die Verluste. Es wird überhaupt nur von möglichen Verlusten gesprochen. Warum fragen unsere Banker nicht so:

Wollen Sie der Wert Ihres Kapitals risikolos 2% im Jahr verringern oder mit Schwankungen innerhalb von 10 Jahren durchschnittlich um 6% erhöhen?

Und auf diese eher rhetorische Frage folgt dann folgt ein Beratungsgespräch, in dem der Banker darauf hinweist, dass es Crashs gibt und dass sie ein zeitliches Risiko sind, dass Medien einen gerne mal verrückt machen und man rational ruhig bleiben sollte, dass die Politik zwar nicht so viel für Aktionäre tut, aber es langfristig die 6% Rendite realistisch ist und eben, dass es aktuell mit Sicherheit nur sichere Wertverluste gibt. Das wäre es doch mal, oder? Banker, die einen Kunden davor schützen risikolos und ohne Schwankungen Geld zu verlieren…

Was sagt Warren Buffet dazu?

Dass Volatilität mit Risiko gleichgesetzt wird, ist ein Verdienst der „Moderne Portfolio-Theorie“. Dazu sagt Buffet: „a lot of nonsense“. Und man mag von Herrn Buffet halten, was man will, es ist zumindest ein erfahrener Profi an der Börsen-Front.

Sein Argument dahinter ist entsprechend Schlüssig. Wenn die Volatilität Risiko definieren würde, dann wäre ein Kauf einer Aktie, die 20% gefallen ist riskanter, als die gleiche Aktie mit gleichen Marktbedingungen zum gleichen Zeitpunkt nach 10% Kursverlust zu kaufen.

Was ist dann Volatilität wenn es kein Risiko ist?

Für mich ist Volatilität nur gleichzusetzen mit Übertreibung. Die Börse übertreibt, weil sie in die Zukunft blickt. Also, weil Sie es beabsichtigt. Jeder kurzfristig orientierte Anleger spekuliert mit seinen Käufen und Verkäufen auf einen bestimmten Kurs in der Zukunft. Wenn ein Investor heute etwas kauft, dann erwartet er eine bestimmte Rendite in einer bestimmten Zeit. Bei Millionen von Marktteilnehmern gehen die Erwartungen natürlich zeitlich auseinander.

Wenn eine Aktie um 10% gestiegen ist, dann wird sie nur gekauft, wenn mehr Marktteilnehmer(-geld) davon ausgeht, dass sie weiter steigen wird, weil sie eigentlich in einem Monat 40% zulegen müsste, um passend bewertet zu sein.

Andere Marktteilnehmer sind nicht dieser Ansicht und Verkaufen ihre kurzfristigen Gewinne bei 15% Kursanstieg. Irgendwann kommen die Marktteilnehmer auf die Idee, dass es noch länger weitergeht, vielleicht bis zu 80% Kursgewinn.

Dann bildet sich eine Fahnenstange, die Übertreibung ist perfekt, jetzt verkaufen sogar die Marktteilnehmer, die bei 10% Plus gekauft haben, weil ihr Ziel ja heute bei Minus 40% zum aktuellen Kurs liegt. Investoren sichern Ihre Gewinne, gleichzeitig erzeugen sie Angst und andere verkaufen schlussendlich sogar noch bei 30%, 20%, 15% Kursgewinn. Das löst noch weitere Angst aus und so kann der Kurs dann bei 0% Kursänderung oder darunter landen. Das ganze Spiel kann in 2 Tagen passieren, auch wenn jeder der Mitspieler der Meinung wäre, dass in einem Monat die Aktie bei +40% stehen müsste/könnte/sollte.

So funktioniert Übertreibung, so entsteht Volatilität. Das ständige hinausschießen über sinnvolle und vernünftige Kurse in beide Richtungen.

Langer Anlagehorizont statt Aktionismus und FOMO

Die Angst nicht dabei zu sein (FOMO: fear of missing out) sorgt bei dem oben genannten Beispiel für riskante Käufe innerhalb der entstandenen Fahnenstange. Riskant ist also nicht die Schwankung an sich, sondern das Handeln. Ohne an solchen Hypes (oder „[wallstreet-]bets“) teilzunehmen gibt es auch kein Risiko.

Folgende Grafik des deutschen Instituts für Altersvorsorge illustriert sehr anschaulich, wie schnell das Risiko abnimmt.

Quelle: https://www.dia-vorsorge.de/private-altersvorsorge/eignen-sich-aktien-zur-altersvorsorge/

Das wahre Risiko ist das Ausfallrisiko

Also kann man Volatilität als Risikokennzahl schon betrachten aber nicht alleine. Das Ausfallrisiko ist relevant und nicht das ständige Marktrauschen. Und man kann auch nicht sagen, dass Aktien riskanter als Anleihen sind. Denn eine heute existierende Anleihe auf Schalke (ja der Fußballverein) ist natürlich viel riskanter als eine Aktie zu erwerben von Siemens (keine Kaufempfehlung). Nicht wegen der Schwankung, sondern wegen des Ausfallrisikos.

Ohne Volatilität keine Outperformance

Wenn man jedoch unbedingt in Einzelaktien investieren möchte, dass kann ich nur dazu raten Volatilität nicht mit Angst zu begegnen. Ohne Volatilität würden wir einen Aktienmarkt haben in dem nur gekauft wird und das sehr langsam. Wenn man sich das vorstellt, das haben wir ohne Schwankungen am Tag 0,01% Kurswachstum. Verrückte Vorstellung, jede Aktie hätte ihren fairen Preis, günstig gäbe es garnichts!

Wenn die Märkte aber schwanken, dann können einzelne Aktien besser rentieren. Marktteilnehmer verkaufen manche Aktien mehr und kaufen Andere für das frei gewordene Kapital. Das ist zumindest das, was zu 99% an der Börse passiert.

Risikominderung durch Diversifikation

Auch der Einzelanlagen-Typ kann sich vor dem Einzelwertrisiko schützen. Das Risiko wird bei 20 ähnlich gewichteten Aktien bereits signifikant kleiner.

Quelle: https://www.jvbruni.com/articles/equity-diversification

Wer heute statt weniger einzelner Aktien einen MSCI World ETF kauft, der hat praktisch kein Ausfallrisiko. Das heißt, dass sich die Frage gar nicht stellt, ob die „Welt AG“ pleite geht. Das ist absurd. Dann müsste man sich fragen, ob es Sinn ergeben würde alle Unternehmen für EUR 100,00 zu kaufen. Klar…. und für eine Million? Immer noch! Das Gedankenexperiment kann man nun endlos fortführen. Die Unternehmen dieser Welt werden immer wertvoller, sie werden immer professioneller, die Menschheit wächst, die Möglichkeiten wachsen, der Reichtum wächst. Beim Thema Umwelt kann man das skeptisch sehen, hier geht es aber ausschließlich um die Geldanlage.

Für einen Kapitalisten stellt sich die Frage so also gar nicht.

Quelle: https://www.msci.com/developed-markets

Zu keinem Zeitpunkt konnte man alles verlieren. Man konnte aber 50% verlieren. Das hat man aber auch nur dann geschafft, wenn man zum teuersten Zeitpunkt gekauft und im günstigsten Zeitpunkt verkauft hat. Nur einmal Nachkaufen, wenn man 10% im Minus ist und schon konnte man historisch nur noch 45% verlieren, usw.

Als ETF-Sparer war es ab 5 Jahren Anlagedauer sowieso unmöglich in den Verlustbereich zu gelangen. Desto länger der Anlagehorizont war, desto geringer ist das Risiko. Desto mehr Werte man bespart, desto kleiner wird das Einzelwertrisiko.

Wenn man Angst hat, dass es ab jetzt nur noch heruntergehen kann, dann kann man ja auch nur 50% besparen. Wenn man also 50% Cash und 50% MSCI World ETF besitzt, dann kann man auch schon nur noch 25% verlieren.

Wobei das Wort „verlieren“ ja nun auch nur ein theoretischer Fall ist beim langfristigen Investieren. Es wäre schon eine Herausforderung, wenn man versuchen würde bei einer ETF Anlage absichtlich so viel zu „verlieren“.

Fazit

Zwischen dem Null/Minus-Ausfall-Risiko des Girokontos, einer ausfallsicheren Anlage in einem breit diversifizierten ETF oder der Anlage in wenige Einzelaktien gibt es Millionen Abstufungen. Niemand hindert einen Anleger daran nur 10% seines Kapitals in ETFs zu investieren und auch für immer dabei zu bleiben. Und selbst wenn man in Einzelaktien investiert, dann gibt es Einzelaktien wie Procter & Gamble, Novartis, Coca-Cola, Google oder Allianz. Diese Titel sind einfach aufgrund Ihrer schieren Größe viel risikoärmer im Bezug auf ihr individuelles Ausfallrisiko als Titel wie Square, Pinterest, Zalando, Delivery Hero oder AirBNB.

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3 Antworten auf „Volatilität ist nicht gleich Risiko“

[…] sehr hohen spekulativen Ansatzes auch entsprechend “wankelmütig”. Grundsätzlich ist Volatilität nicht schlimm, es erfordert aber trotzdem […]

[…] sehr hohen spekulativen Ansatzes auch entsprechend “wankelmütig”. Grundsätzlich ist Volatilität nicht schlimm, es erfordert aber trotzdem […]

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